
27/06/2025 0 Kommentare
„Glauben gemeinsam entdecken“
„Glauben gemeinsam entdecken“
# Einblick

„Glauben gemeinsam entdecken“
Ein Gespräch mit der Lehrerin Silvia Hofmann.
Silvia Hofmann ist 48 Jahre alt und hat ursprünglich Bankkauffrau gelernt. Vor 8 Jahren hat sie sich entschieden, Grundschullehramt mit Schwerpunkt Religion zu studieren, weil sie gerne mit Kinder zusammen arbeiten wollte. In wenigen Wochen endet ihr Referendariat an der Pestalozzischule in Diez und sie ist dann Grundschullehrerin.
Warum haben Sie sich entschieden, Religionslehrerin zu werden?
Ich bin selbst Christin und spreche gerne mit den Kindern in der Schule über den Glauben und lebe den Glauben mit ihnen. Das Fach ist so wertvoll, weil man hier abseits von Prüfungen und Lernstress eine andere Beziehung zu den Kindern aufbauen kann. Das Fach Religion ist vom anderen Unterricht abgehoben, Themen werden besprochen, die sonst nicht Thema sind (Gefühle, Streit, Feste…)
Wie reagieren die Kinder auf den Religionsunterricht? Gibt es besonders schöne oder überraschende Momente?
Die Kinder reagieren in der Regel total positiv auf den Unterricht. Es gibt viele schöne Momente, z.B. dann wenn die Kinder über ihre Gefühle sprechen. Häufig erzählen sie, dass sie mit Freude zum Unterricht kommen. Es entstehen viele tiefgründige und vertrauensvolle Gespräche. Überraschende Momente gibt es immer wieder, ein Junge erzählt mir immer, dass er eigentlich gar nicht an Gott glaubt, aber dass es ihm im Reli-Unterricht doch echt gut gefällt!
Welche Themen aus dem Religionsunterricht begeistern die Kinder am meisten?
Die Begeisterung entsteht immer dann, wenn die Themen in die Lebenswelt der Kinder eingebettet sind. Wenn die Kinder ausprobieren können, dann sind sie besonders angesprochen. Neulich haben wir die Geschichte vom barmherzigen Samariter nachgespielt, das fanden sie toll, weil sie dadurch die Geschichte viel tiefer verstanden haben.
Haben Sie das Gefühl, dass die Kinder einen besonderen Zugang zu Gott oder zum Glauben haben?
Es gibt Kinder, die das von zu Hause kennen, die zu Hause beten oder eine Bibel zu Hause haben. Gerade im ländlichen Bereich sind die Kinder stark in kirchliche Rituale eingebunden (z.B. Krippenspiel). Ich glaube aber darüber hinaus, dass die Kinder eine Relevanz sehen im Glauben, es ist aber wichtig, dass der Glaube ihnen auch vorgelebt wird, zu Hause oder im Kindergarten oder in anderen Bezügen. Die persönliche Relevanz sehen vor allem die größeren Grundschulkinder ab der 4. Klasse, vorher ist der Glaube eher bildlich oder märchenhaft.
Wie gehen Sie mit schwierigen Fragen der Kinder um, z. B. nach Leid oder Gerechtigkeit?
Die existentiellen Fragen kommen vorwiegend bei den größeren Grundschulkindern. Es ist wichtig, die Fragen aufzunehmen und mit den Kindern darüber zu sprechen und sie ernst zu nehmen. Momentan ist vor allem die Frage nach Krieg und Frieden sehr wichtig für die Kinder, da auch geflüchtete Kinder in ihrer Klasse sind.
Wie gestalten Sie den Religionsunterricht, damit er lebendig und spannend bleibt?
Ich versuche verschiedene Elemente im Unterricht vorkommen zu lassen. Wichtig ist vor allem der Bezug zur Lebenswelt der Kinder. Der Unterricht startet immer mit einem Gefühlskreis, in dem jeder erzählen kann, wie es ihm gerade geht. Ich arbeite mit verschiedenen Medien, z.B. eine Art Bilderkino, oder mit einem Bodenbild, auch mit neuen Medien wie einem ipad und QR-Codes oder der digitalen Tafel. Wir spielen Geschichten nach, ich erzähle viele Geschichten frei oder mit Bilderbüchern. Neulich kam die Idee auf, dass wir mal eine Klagemauer selbst bauen, in die dann die Sorgen eingesteckt werden können.
Gibt es ein Ritual oder eine Tradition im Unterricht, die Ihnen besonders am Herzen liegt?
Wir beginnen jede Stunde mit einem Gebet. Das Reli-Kind-des-Tages darf das entsprechende Gebet aussuchen. Danach kommt der Gefühlskreis, der uns nah zueinander bringt.
Erleben Sie Unterschiede zwischen Kindern mit kirchlichem Hintergrund und solchen ohne?
Ja, natürlich kennen die Kinder mit kirchlichem Hintergrund eher die Feste, die für andere Kinder ganz neu sind. Aber auch die christlichen Werte wie Nächstenliebe sind diesen Kindern oft vertrauter durch das Elternhaus oder einen evangelischen Kindergarten, den sie besucht haben.
Welche Bedeutung hat der Religionsunterricht für das Schulleben insgesamt?
Religion an sich stärkt den Zusammenhalt und bildet eine gute Basis für ein gutes und vertrauensvolles Miteinander. Es kann ein großer Hebel für ein friedliches Miteinander sein. Es wird eine gegenseitige Akzeptanz aufgebaut und ein gegenseitiges Verständnis wird gestärkt.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Religionsunterrichts an Schulen?
Es ist schön, die pädagogische Freiheit zu haben, mit den Kindern einen Lernweg zu gehen. Ich wünsche mir, dass das so bleibt und wir weiterhin die Zeit und den Rahmen haben, dass wir die Stunde anders gestalten können als andere Stunden, und dass wir den Kindern das Gefühl geben können: „Du bist wichtig, du bist gut so, wie du bist, und es ist schön, dass du da bist.“
Gibt es ein Erlebnis aus Ihrem Unterricht, das Sie besonders berührt hat und teilen möchten?
An einem Tag war ein Kind total traurig. An diesem Tag war das Thema „Wie kann ich Lichtbringer werden“. Als wir das Lied gesungen haben „Tragt in die Welt nun ein Licht“ kamen die Kinder auf die Idee, den Namen des Kindes in dieses Lied einzubauen, um das Kind zu trösten und zu ermutigen. Das hat mich sehr berührt. Daran hat man gesehen, wie die Kinder die christlichen Werte spielerisch verinnerlichen und Nächstenliebe pur gezeigt haben. Die Kinder lernen im Laufe der Zeit immer besser, ihr Verhalten zu reflektieren. Auch die Offenheit der Kinder mir gegenüber berührt mich immer wieder, das ist ein großer Vertrauensbeweis.
Wie können Kirchengemeinden und Schulen zusammenarbeiten, um den Glauben kindgerecht zu vermitteln?
Es ist schön, dass die Schule sich so nah an der Kirche befindet und die Kinder durch verschiedene Schulgottesdienste den Bezug zur Kirche bekommen. Sie kennen die Pfarrpersonen und haben ein positives Bild gegenüber der Kirche. Auch kindgerechte Führungen durch die Kirche sind toll. Wichtig ist eine Präsenz auch der Pfarrpersonen in der Schule.
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